Posted On 29. Januar 2014 By In Einsätze von Piker With 8654 Views

Advent, Advent, der Haussegen brennt (Teil 2)

Fortsetzung von Advent, Advent, der Haussegen brennt (Teil 1) 

… Wir begannen gerade damit, Fotos von der verwüsteten Wohnung zu machen und der Dame alle nun eingeleiteten Schritte sowie ihre Möglichkeiten zu erklären, als aus dem Hausflur hektische Hilfeschreie drangen. Der Geruch, welcher bereits den Hausflur des Wohnhauses erfüllte, lies nichts gutes vermuten….

Es dauerte einen kleinen Moment, bis das Gehirn die von der Nase wahrgenommene Information verarbeitet hatte. Der beißende Geruch erinnerte mich stark an eine Mischung zwischen einem abgebrannten Blatt Papier und angesengten Haaren, wenn man als Kind mal wieder zu lange mit dem Teelicht gespielt hatte. „Wir brauchen hier dringend die Feuerwehr, Wohnungsbrand, 1. OG rechts bei Familie Peters, 6. Parteien im Haus wohnhaft“ hörte ich meinen Kollegen, der inzwischen in Richtung Hausflur gelaufen war, in das Funkgerät rufen.

Im mit Weihnachtsdekoration vollgestellten Hausflur kamen uns neben dem unangenehmen Geruch bereits die Anwohner des 2. OG entgegen. Herr Peters, in dessen Wohnung es langsam brenzlich wurde, stand fassungslos in seiner Wohnungstür. „Sind bei Ihnen alle draußen? Los, kommen Sie!“ – Mit diesen Worten packte mein Kollege den vor Schock starr stehenden Mann am Arm. In der Zwischenzeit war auch Frau Walter in Ihrer Wohnungstür erschienen. Zusammen mit Ihr und Herrn Peters verließen wir das 1. OG den Hausflur herunter in Richtung Erdgeschoss. Dort schien keiner Notiz von den Vorgängen im Haus genommen zu haben. Aus der linken Wohnung klangen fröhliche Weihnachtslieder und von rechts war, bis auf einen Lichtschein im Türspalt, nichts zu sehen oder hören. Der weihnachtliche Frieden wurde durch lautes Sturmklingeln unterbrochen. Durch die geöffnete Haustür waren in einiger Entfernung bereits die ersten Sirenen zu hören. – Zum Glück, ist die Feuerwehr schnell hier – ging es mir durch den Kopf. In der linken Wohnung verstummten abrupt die Gesänge und wütend wurde uns die Tür mit den Worten „Warum Klingeln sie so aggressiv bei uns…?!“ geöffnet. In dem Moment, wo das letzte Wort den weit geöffneten Mund des jungen Mannes verlassen hatte, veränderten sich seine Gesichtszüge schlagartig. Er schien die Situation zu realisieren. „Wo?“ bekam er noch raus. „Über Ihnen, wie viele Personen sind in Ihrer Wohnung? Holen Sie alle raus, schnell!“ Mein Kollege hatte inzwischen das ältere Ehepaar aus Ihrer Wohnung geholt. Nun blieb uns vor dem freistehenden Einfamilienhaus stehend nichts mehr übrig, als das Eintreffen der Feuerwehr abzuwarten. Dies schien eine gefühlte Ewigkeit zu dauern. In Wirklichkeit waren es nur zwei Minuten. Inzwischen stieg dunkler Rauch aus dem gekippten Küchenfenster der Familie Peters im 1. OG. Das Ehepaar Peters saß zusammengekauert und fassungslos mit ihrem Kind Lukas am Gehwegrand. Herr Peters schien am rechten Arm eine leichte Verbrennung zu haben, was auch den Geruch von verbrannten Haaren im Hausflur erklärte.

Die Kollegen der Feuerwehr brauchten nur wenige Minuten, um den Brand unter Kontrolle zu bringen und ein Übergreifen auf andere Wohnungen zu verhindern. Das 6-Parteien-Wohnhaus trug äußerlich nur geringe Schäden davon. An der Hausfassade erinnerte nach dem Einsatz der Feuerwehr nur schwarzer Ruß über dem Küchenfenster an den Brand. Das Treppenhaus schien, bis auf einen immer noch verbrannten Geruch, ebenfalls unversehrt geblieben zu sein. Zumindest durften kurze Zeit später alle Familien, bis auf die Peters, zurück in ihre Wohnungen. Die Feuerwehr hatte fast eine Stunde lang das Treppenhaus und alle Wohnungen durchgelüftet. In der Wohnung der Familie Peters war der Schaden beträchtlich. Das Feuer hatte in kurzer Zeit ganze Arbeit geleistet. Der gesamte Flur der Wohnung war schwarz. Der ausgebrannte und verkohlte Anblick des Wohnzimmers glich eher einem Kriegsschauplatz. Unter der Ascheschicht waren noch der Weihnachtsbaumständer und die letzten Umrisse des Sofas zu erkennen. Der Fernseher ähnelte einem seltsamen Gebilde aus Plastik und Kabeln. Es wirkte schon paradox, aber alles was in der restlichen Wohnung nicht zumindest angebrannt war, hatte der Todfeind des Feuers, das Wasser, unbrauchbar gemacht. Alles war nass und feucht. Mit Hilfe der Stadt wurde Familie Peters kostenfrei für die kommenden Tage in einer städtischen Wohnung für Brandopfer untergebracht.

Später sollte sich herausstellen, dass ein Streit im Wohnzimmer der Familie Peters zwischen den Eltern und dem 6-Jährigen Kind den Wohnungsbrand ausgelöst hatte. Während der Kleine der Meinung gewesen war, noch nicht genug Schokolade konsumiert zu haben, waren seine Eltern anderer Meinung. Im kindlichen Trotz hatte sich Lukas nach hinten auf den Boden geworfen und dabei nicht bedacht, dass sich der festlich geschmückte Weihnachtsbaum mit angezündeten Wachskerzen unmittelbar in seinem Rücken befand. Geschmeidig und sich dabei entzündet war dieser in Richtung Sofa gekippt. Das Stoffsofa lies sich nicht lange Bitten und tat es dem lodernden Weihnachtsbaum gleich. Ohne das Familie Peters noch etwas hätte tun können, breitete sich das Feuer zügig im Wohnzimmer aus.

Glück im Unglück könnte man sagen. Bis auf einen erheblichen Sachschaden war keinem etwas passiert. Die oberflächliche Verbrennung von Herrn Peters konnte ambulant behandelt werden.

Frau Walter wagte nach den Vorkommnissen tatsächlich den Schritt sich von ihrem Mann zu trennen und zu Verwandten in ein anderes Bundesland zu ziehen.

Und die Moral von der Geschicht? – Streite dich zu Weihnachten nicht 😉

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Ich bin Polizeibeamter in einem schönen Bundesland hier in Deutschland und habe mein Studium bei der Polizei wenigen Jahren erfolgreich abgeschlossen. Seitdem bin ich im Wach-und Wechseldienst (auch bekannt als Streifendienst) für die teilweise kuriosen Anliegen der Mitbürger da :) Vielleicht noch kurz zu der Entstehung meines "seltsamen" Nicknames: Bei dem Ausfüllen eines Formulars im Dienst ist mir ein folgeschwerer Rechtschreibfehler unterlaufen. Anstatt im Mängelzettel den defekten "Peiker" (unser Mikrofon im Streifenwagen sozusagen), hatte ich "Piker" geschrieben. Nachdem dieser Zettel von ein paar Kollegen entdeckt worden war, hatte sich der Fehler innerhalb kürzester Zeit wie ein Lauffeuer in der ganzen Wache verbreitet. Seitdem werde ich von vielen Kollegen nur noch mit meinem neuen Namen - "Piker" - angesprochen.