Vor wenigen Tagen an einem sonnigen Spätdienst war ich gerade dabei mein Abend-/ Mittagessen zu verspeisen, als mein Vorgesetzter pünktlich zur zweiten Gabel über den Flur rief: „Bedrohung mit Messer, alle raus! Sofort!“
Kurzer Check: Waffe, Pfefferspray, Schlagstock, Handfesseln dabei und die Schutzweste an, los geht´s!
Mit Blaulicht und Horn ins Getümmel des Feierabendverkehrs. Eine „überlegte“ Reaktion der Verkehrsteilnehmer folgt auf die Andere. Ein Wunder, dass meine Kollegin und ich überhaupt noch mit einem intakten Fahrzeug am Einsatzort ankamen.
„Dort, der im blauen T-Shirt, der hat ein Messer in der Hand“ dröhnt es durch das Funkgerät. Mein Kollege im Fahrzeug hinter uns hatte den Täter bereits ausgemacht. Ich brachte den Wagen unmittelbar vor dem vermutlichen Tatverdächtigen zum Stehen und sprang heraus. Direkt peitschte von allen Seiten ein wildes Geschrei auf mich ein:
„Der hat das Messer, der ist es“
„Du Arschloch, ich mach dich kalt!“
„Ich steche dich ab du fettes Schwein“
„HILFE! So macht doch endlich jemand was!“
Der Tatverdächtige hatte sich inzwischen vor dem Auto entlang in Richtung meiner Fahrerseite bewegt und stand nun knapp zwei Meter von mir entfernt. Seine Hauptaugenmerk schien glücklicherweise nicht auf uns, sondern auf sein potentielles Opfer gerichtet zu sein, welches er mit hasserfülltem Blick anstarrte. Das Messer konnte ich inzwischen nicht mehr sehen. Mir schossen Sätze aus meiner Ausbildung durch den Kopf: „Messer ist eine tödliche Waffe, unter 6 Metern habt ihr auch mit einer Schusswaffe kaum eine Chance“; „Schusswaffe ist verhältnismäßig und adäquates Mittel bei einer Hieb- und Stichwaffe“
– Ok, ein Schusswaffengebrauch musste also in Betracht gezogen werden. –
All das spielte sich innerhalb von wenigen Sekunden ab und ein sofortiges Handeln war dringend erforderlich:
Ich schrie den Delinquenten mit Nachdruck an: „Stehen bleiben, keine weitere Bewegung!“ Immerhin: Er blieb stehen und Blicke mich an. „Langsam hinknien und keine schnellen Bewegungen.“ Meine Schusswaffe hatte ich bereits fest in der Hand und die Sicherungen meines Holsters waren alle gelöst. Der Mann kniete sich langsam auf die Straße.
Inzwischen hatte sich ein größerer Menschenauflauf gebildet. Kein Wunder, denn das Geschehen spielte sich mitten auf einer Hauptstraße ab.
„Langsam auf den Boden legen und die Hände vom Körper Wegstrecken und so halten, dass ich sie sehen kann“
– Kein Messer in seinen Händen; auch im Gürtel konnte ich nichts dergleichen entdecken; gut! –
Meine Beifahrerin hatte sich inzwischen um das Auto herum von der anderen Seite genähert und direkt gegenüber befand sich der Kollege aus dem Fahrzeug hinter uns. Eigentlich schien die Situation schon fast beruhigt und unter Kontrolle, als es sich unser Gegenüber doch anders überlegte und von den Knien aufsprang und in Richtung meiner Kollegin bewegte.
– Jetzt oder nie! – ging es mir durch den Kopf. Ich lies meine Waffe zurück in mein Holster rutschen, machte hinter seinem Rücken eine schnelle Bewegung in seine Richtung, bekam ihn im Kopf- und Schulterbereich zu packen und konnte ihn mit Hilfe einer Festnahmetechnik auf dem Asphalt fixieren. Mein Kollege eilte zur Hilfe und stattete den Herrn mit neuem Handschmuck in Silber aus.
Mit Behördendeutsch für fortgeschrittene könnte man die Aktion wie folgt zusammenfassen: Der Delinquent wurde mittels einfacher körperlicher Gewalt zu Boden gebracht und mit Handfesseln fixiert. 🙂
Der Festnahme folgte eine Durchsuchung, ein Transport zur Wache und eine kostenlose Übernachtung im polizeieigenen Hotel in Zelle 10 🙂
Das Messer fanden wir übrigens später in der Nähe unseres Fahrzeuges.
Nach 2 Überstunden war für meine Kollegin und mich dann doch Dienstschluss angesagt: Hauptsache wir kommen sicher und gesund nach Hause, das ist das Wichtigste! 🙂