Posted On 24. November 2013 By In Einsätze, Einsätze von Piker With 7413 Views

Der tückische Haarschnitt

Nach gut ein paar Jahren im Streifendienst, denkt man eigentlich, man hätte schon alle Ausreden bei Verkehrskontrollen gehört. Doch dieser Verkehrsteilnehmer erstaunte uns wirklich mit spontaner Kreativität:

„Stop Polizei“ leuchtete es in seinem Rückspiegel. Doch den Herrn am Steuer schien es wenig zu kümmern und so fuhr er mit seiner rechten Hand an seinem rechten Ohr unbeirrt weiter. Auch die Lichthupe und das inzwischen eingeschaltete Blaulicht ließen ihn kalt. In Amerika wäre er aufgrund seiner Ignoranz wahrscheinlich schon zwangsweise angehalten worden, doch schließlich entschied er sich doch auf den Parkplatz der örtlichen Postfiliale abzubiegen. Allerdings bestand seine Intention eher darin, sein Paket abzugeben und nicht sich der Verkehrskontrolle zu unterziehen. Verwundert blickte er uns an:

„Oh, guten Tag.“
„Schönen guten Tag, Polizei. Ich hätte gerne Ihren Fahrzeug- und Führerschein gesehen.“
„Ähm, ja Moment. Ich wollte eigentlich gerade zur Post.“
„Und wir wollten Sie seit 5 Minuten kontrollieren.“
„Wie meinen Sie das?“
„Wir sind schon seit 5 Minuten hinter Ihnen her gefahren und haben versucht sie anzuhalten.“
„Oh, das habe ich gar nicht bemerkt.“ 
„Das glaube ich Ihnen gerne. Waren sie eventuell durch etwas an Ihrer rechten Kopfseite abgelenkt.“
„Ja, das stimmt. War ich. Sie glauben ja gar nicht, wie komisch sich das anfühlt.“

– Verwundert blickten mein Kollege und ich uns an –

„Ähm, ja…ihr Handy fühlt sich komisch am Ohr an?“
„Handy? – Ich besitze gar kein Handy. Nein, ich war eben beim Friseur. Und der hat mir meine Haare auf 6 Millimeter geschnitten. 
„Und deshalb halten Sie Ihre rechte Hand 5 Minuten lang an Ihr rechtes Ohr?“
„Ja, wollen Sie mal fühlen. Direkt hinter dem Ohr sind die Haare so kurz. So kurz hatte ich die noch nie. Ich muss die ganze Zeit dahin fassen. Was meine Frau wohl zu so kurzen Haaren sagen wird?

– Vier verwunderte Augen ruhten auf den Haaren des Mannes –

„Ich kann Ihnen gerne die Friseurquittung geben.“
„Nein ist schon gut. Sie können jetzt zur Post gehen. Wir glauben Ihnen. Und wenn es eine Ausrede gewesen sein sollte, ist es die Beste, die ich bisher gehört habe. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen und viel Erfolg mit den kurzen Haaren ;-)“

Die „Ausrede“ wäre einfach zu gut gewesen, um sie sich so spontan auszudenken. Respekt! 🙂 – manchmal muss auch mal nachgeben.

Ich bin Polizeibeamter in einem schönen Bundesland hier in Deutschland und habe mein Studium bei der Polizei wenigen Jahren erfolgreich abgeschlossen. Seitdem bin ich im Wach-und Wechseldienst (auch bekannt als Streifendienst) für die teilweise kuriosen Anliegen der Mitbürger da :) Vielleicht noch kurz zu der Entstehung meines "seltsamen" Nicknames: Bei dem Ausfüllen eines Formulars im Dienst ist mir ein folgeschwerer Rechtschreibfehler unterlaufen. Anstatt im Mängelzettel den defekten "Peiker" (unser Mikrofon im Streifenwagen sozusagen), hatte ich "Piker" geschrieben. Nachdem dieser Zettel von ein paar Kollegen entdeckt worden war, hatte sich der Fehler innerhalb kürzester Zeit wie ein Lauffeuer in der ganzen Wache verbreitet. Seitdem werde ich von vielen Kollegen nur noch mit meinem neuen Namen - "Piker" - angesprochen.