Es ist schon interessant, wie manche Substanzen und Umstände physikalische (und auch rechtliche) Gesetzmäßigkeiten außer Kraft setzen können – zumindest gefühlt.
An einem winterlichen und dunklen Montagabend gegen 20:30 Uhr wurden drei Kollegen und ich zu Hilferufen aus einem Wald entsendet. Dort hatte nach Zeugenaussagen eine weibliche Person aus vollem Leib um Hilfe geschrien. Und so blieb uns nichts anderes übrig, als im dunklen Wald nach der Dame zu suchen. Das Waldstück war weitestgehend abschüssig und mitten hindurch verlief eine mit Serpentinen gespickte stark abfallende Straße.
Nachdem wir über eine halbe Stunde durch den Wald gelaufen waren und keinen einzigen Hilferuf oder ähnliches wahrgenommen hatten, beschlossen wir uns wieder zurück zu den Streifenwagen zu begeben. An einem besonders steilen Stück auf einem kleinen Vorsprung konnte man bereits den Mond sehr deutlich sehen. Von dieser Stelle aus, hatte man auch einen schönen Blick auf die Straße und das dahinter liegende Waldstück.
„Stell mal vor, jetzt hängt hier wirklich plötzlich vor uns im Dunkeln jemand. Da bekommt man doch den Schock fürs Leben. Wie in einem Horrorfilm.“ „Ja, vor allem bei der Totenstille…-„
Weiter kam mein Kollege mit seinem Satz nicht mehr.
Im selben Moment drang ein lautes Quietschen, gefolgt von einem metallenen Geräusch und einem dumpfen Aufprall durch die Nacht. Die vorherige Stille legte sich, bis zum Ausruf meiner Kollegin, unmittelbar und unheilvoll wieder über die Situation. „Ach du scheiße!!“
Es dauerte einige Sekunden bis wir verstanden hatten, was vor unseren Augen gerade passiert war: Ein Fahrzeug war mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit den Berg herunter auf die erste scharfe Linkskurve der Serpentine zugefahren und hatte diese mit Bravur in Form eines Überschlages im Scheitelpunkt verlassen. Von der Unfallstelle, die einige hundert Meter unter uns lag, stieg heller Rauch auf.
Jetzt machte sich die sportliche Ertüchtigung doch mal bezahlt. Nach einem Sprint durch den Wald erreichten wir mit unseren zwei Fahrzeugen relativ zügig die Unfallstelle.
– Was mich auf der Anfahrt mal wieder maßlos verärgerte war, dass bis zu unserem Eintreffen nach ca. 1-2 Minuten, keines der 6 Fahrzeuge, welche uns entgegenkamen, angehalten und geholfen hatten. Ebenfalls hatte es bisher keiner der Fahrzeugführer für nötig gehalten, den Notruf abzusetzen. –
Bis zum Eintreffen hatten wir bereits die Rettungskräfte für die Bergung und medizinische Versorgung verständigt. Da wir zu viert vor Ort waren, konnten sich zwei auf die Absperrung / -sicherung der Unfallstelle und die anderen um das Verunfallte Fahrzeug kümmern.
Nach wenigen Minuten konnte der Fahrzeugführer aus seinem Fahrzeug geborgen und versorgt werden. Er hatte Glück im Unglück: Vollkommen unverletzt hätte er nach einer vorsorglichen medizinischen Untersuchung durch die eingesetzten Rettungskräften im Rettungswagen wieder entlassen werden können, eigentlich. Wenn der Atmen des Verunfallten nicht so penetrant mit einer süßlichen Alkoholnote versehen gewesen wäre. Zudem bestand eine gewisse Diskrepanz seines Verhaltens zu den Geschehnissen. Mit einem belustigten Gesichtsausdruck prustete er uns zu: „Haha, da war ich wohl zu schnell…. hahaha…“. Er schien die Situation wirklich relativ amüsant zu finden. Ein Atemalkoholtest brachte dann die Gewissheit: Über 2,5 Promille!
Ich: „Sie haben ja ganz schön was getankt.“
Er: „Ach naja, es war nicht viel. Nur ein paar Bier. Aber ich hab die Kurve einfach nicht kommen sehen. Vielleicht war ich ein bisschen zu schnell. Hahaha…“
„So wirklich lustig ist das leider nicht. Sie werden uns zwecks einer Blutprobe auf die Wache begleiten müssen“
Er mit einem Grinsen: „Kein Problem. Mein Auto ist ja sowieso kaputt.“
Am nächsten Tag werden ihm wohl, neben seinem Kater, die Folgen bewusst geworden sein. Dabei hätte er eigentlich nur noch 300 Meter fahren müssen. Nun ist sein Führerschein weg, das Auto kaputt und er darf sich als Beschuldigter seinem Strafverfahren widmen.
Wenn ein Taxi da nicht mal deutlich kostengünstiger und stressfreier gewesen wäre…
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