Dienstagnacht 02:10 Uhr:
Am Funk war schon seit einigen Minuten nichts mehr zu hören und auf den Straßen war weit und breit niemand zu sehen. „Guck mal da!“ Ich drehte mich nach rechts und traute meinen Augen nicht: Dort ging ein weißes Nachthemd den Gehweg entlang in Richtung Wald spazieren. Bei näherer Betrachtung wurden langsam die Konturen einer etwas kor-pulenteren älteren Frau deutlich.
„Ich befürchte, irgendwas hat da nicht seine Richtigkeit…“ gab ich lächelnd zurück.
„Guten Abend junge Frau! Wohin soll die nächtliche Wanderung gehen?“
„Hallo, ich gehe nach Hause. Wieso?“
„Sind Sie bei 0 Grad mit Ihrem Nachtgewand und den Hausschuhen nicht etwas zu kalt angezogen?“
„Ja, da haben sie recht. Aber, ich muss jetzt weiter.“
„Gute Frau, wir können Sie so hier nicht einfach zurücklassen. Wo wohnen Sie denn? In der Seniorenresidenz dorthinten?“
„Nein, ich wohne in der Berliner Straße.“
„Und wie heißen Sie?“
„Elvira“
„Und weiter?“
„Mhm, das fällt mir gerade nicht ein. Entschuldigung.“
„Kein Problem. Wie wäre es, wenn sie uns ein kleines Stück begleiten? Vielleicht hat man in der Seniorenresidenz ein paar warme Sachen für Sie?“
„Na gut, aber dann möchte ich zurück in meine Wohnung.“
„Ja, versprochen“
Links und rechts eingehakt, wie eine Mutter mit ihren beiden Kindern, schlenderten wir in Richtung Seniorenstift.
Nachdem wir die Dame überredet hatten, uns zur ihrem wahrscheinlichen aktuellen Wohnsitz zu begleiten, wollte man uns dort natürlich zu dieser unmenschlichen Uhrzeit nicht öffnen. Doch wozu hat man ein Blaulicht? 😉
Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass die flinke Dame tatsächlich im Seniorenstift untergebracht war und wohl eigenmächtig beschlossen hatte, in einer Nacht und Nebelaktion auszuziehen.